100 Jahre in der Zukunft zeigt Reuter uns die Auswirkungen der Klimakrise aus einem ganz neuen Blickwinkel: In Indien sind “Smartfood”-Konzerne enorm einflussreich geworden und haben zu einer neuen weltweiten indischen Bildungs- und Wohlstandselite geführt. Auch verarmte Arbeiter*innen in den verregneten deutschen Agrarzonen orientieren sich an Elementen indischer und hinduistischer Kultur, wer begütert ist, schickt seine Kinder auf indische Schulen. Deutschland selbst ist aufgelöst und unter Konzernherrschaft, doch es regt sich Widerstand, der mit einem Mann zusammenhängt, der in Delhi umherirrt und sich für einen Außerirdischen hält – oder ist er tatsächlich einer?
Reuter gelingt die Umkehr des Machtgefälles mit Fingerspitzengefühl und ohne eine Gut-Böse-Kiste aufzumachen. Indische Widerstandskämpferinnen führen einen Aufstand im Main-Sektor an, und die rasante Dauerverfolgungsjagd durch Delhi schildert facettenreiche Aspekte der Stadt und ihrer Bewohner*innen.
Eine neue, andere Perspektive auf den Klimawandel – Reuter hat viele fantasievolle Ideen abseits von “Despair more!”-Mentalität und warnt gleichzeitig vor patentgebundener Forschung an Lebensmitteln und Lebewesen.
Fischer TOR, 2021
Eine Rezension von Judith Vogt.