Ministerpräsidentin von Mecklenburg Vorpommern
Liebe Frau Schwesig,
ich wende mich heute an Sie, weil mir Klimaschutz und Klimagerechtigkeit wichtig sind. Nicht nur für die Menschen, auch für die Wirtschaft. Denn diese ist für die Menschen wichtig, für ihr Leben, für ihr Umfeld. Klimagerechtigkeit betrifft die Wirtschaft direkt. Sie ist kein überflüssiges Sahnehäubchen, auf das man gerne verzichten kann, sie ist auch keine Zwangsjacke, die die Wirtschaft an die Leine legt, sondern eine unmittelbar notwendige Voraussetzung für gutes Wirtschaften und schafft eine Menge Arbeitsplätze.
Am 8.1.2021 haben Sie und die SPD eine Stiftung »Klima- und Umweltschutz MV« gegründet. Ich habe sie mir gerade angesehen. Der Name klingt gut. Auch, dass dort wirtschaftliche Perspektiven eine Rolle spielen sollen, freut mich.
Sicher ist es Aufgabe einer Landesregierung, die Unternehmen im Land bei Umwelt- und Klimaschutz zu beraten, Hilfen zu geben, Ansporn zu leisten für Start-ups, die sich dem Thema widmen.
Doch leider finde ich davon nichts in den Zwecken der Stiftung. Sondern nur die Punkte:
»Das Projekt hilft außerdem dabei, den Hafen Sassnitz als wichtigen Standort der maritimen Wirtschaft und als Logistikdrehscheibe für Offshore-Projekte zu etablieren.«
»Darüber hinaus soll sie mit einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb als Warenlager für Material den Weiterbau der Pipeline Nord Stream 2 ermöglichen«
Das lässt mich stutzig werden. Nichts gegen den Hafen Sassnitz, aber gibt es keine weiteren Aufgaben für den Klima- und Umweltschutz an der Küste Ihres Landes? Und warum geht es nur um den Ausbau des Hafens, nicht um den Ausbau des Klimaschutzes?
Das Gleiche gilt für das Projekt »Nordstream«, das bekanntlich heftig umstritten ist. Ich will auf die Argumente Pro und Contra nicht eingehen, sondern frage mich: Was hat das mit dem Klimaschutz zu tun?
Von vier Absätzen über die Stiftung sprechen drei von Nordstream und Sassnitz, nur einer vom Klimaschutz in dem Text der Stiftung. Eine Stiftung für Umweltschutz, die sich nur zu 25% mit Umweltschutz befasst?
Seltsam.
Ich bin Lektor, ich berate Autoren. Und ich sage ihnen immer: Konzentriert euch auf euer Ziel, auf das, was wichtig ist. Mäandert nicht über alle möglichen Themen wie der Mississipi, wenn er ins Meer strömt.
Der Hafen Sassnitz und die Nordstream 2 mögen wichtig sein. Dann sollte man sie in einer eigenen Stiftung behandeln. Aber nicht zusammen mit dem Thema Umweltschutz. Sonst entsteht der Eindruck, der Klimaschutz sei nur als Titel der Stiftung gewählt, weil das gut klingt. Und um zu verbergen, dass es in Wirklichkeit um ganz altbackene Techniken geht, die Sie auf keinen Fall mit dem Klimaschutz verbinden wollen. Außer im Titel der Stiftung,
Herzliche Grüße,
Hans Peter Roentgen
Diplominformatiker, Autorencoach, Lektor
Dieser Brief wurde bei den Klima-Write-ins der Writers for Future geschrieben.
Der Briefwechsel wird öffentlich geführt.