Eine breite Basis für Klimaschutz in der Popkultur schaffen
von Ursi Breidenbach
Dass die Bemühungen der For-Future-Aktivist*innen Wirkung zeigten, lässt sich an Erhebungen des Umweltbundesamtes ablesen. 2019 gaben 68 % der Befragten an, Umwelt- und Klimaschutz als wichtiges Thema einzuschätzen – Tendenz steigend. Auch der Zusammenhang zwischen anderen politischen Aufgaben (Sicherung des Wohlstandes, der Wettbewerbsfähigkeit und von Arbeitsplätzen) und dem Umwelt- und Klimaschutz wird mehrheitlich verstanden.
Wenn es jedoch darum geht, im Alltag bewusst im Dienst der erklärten Ziele zu handeln, sehen die Zahlen wesentlich schlechter aus: Nur etwa ein Drittel der Befragten gab 2018 zum Beispiel an, Ökostrom zu beziehen oder beim Kauf von Elektrogeräten zu den energieeffizientesten Alternativen zu greifen.
Was ist da los? Sind wir alle Heuchler? Ich denke, das Auseinanderklaffen von Theorie und Praxis hat eher etwas damit zu tun, dass konsequentes Umdenken ein träger Prozess ist. Nehmen wir nur die Coffee-to-go-Becher (in Deutschland werden 320.000 pro Stunde dieser Einweg-Produkte verbraucht): Jahrzehntelang haben wir Bilder von coolen Stars mit solchen Dingern in der Hand gesehen. Das hat bewirkt, dass wir ein bestimmtes Lebensgefühl mit ihnen verbinden. Und so ein Spirit lässt sich durch das Wissen um drei Milliarden (!) Einwegbecher pro Jahr auf Deutschlands Mülldeponien leider nicht so schnell auslöschen.
Aber – und jetzt kommt die gute Nachricht – genau solche Lifestyle-Mechanismen dürfen wir Autor*innen uns im Unterhaltungssektor zunutze machen. Wir können in unseren Liebesromanen, Krimis, Fantasygeschichten, Jugendbüchern uvm. konsequent eine Welt zeichnen und positiv besetzen, in der Nachhaltigkeit und Klimaschutz total selbstverständlich gelebt wird. Und da wir mit unseren Büchern die breite Masse erreichen, haben wir ganz schön viel Macht. Denn die Popkultur spiegelt den Alltag der Menschen wider, bestimmt ihn aber auch.
Und wie kann das in der Praxis aussehen? In meinen Feel-Good-Romanen (Penguin Verlag) bemühe ich mich darum, dass die Figuren völlig unaufgeregt im Sinne der Klimabewegung handeln. In Liebe ist tomatenrot fährt die Protagonistin mit ihrem sexy Lover zum Beispiel per Zug in den Italienurlaub. Dort lernt sie dann ein Dorf mit ganz viel südländischem Flair kennen und lieben, in dem biologisch und nachhaltig Tomaten angebaut werden. Und sie verliert ihr Herz an einen Mann, der Möbel baut, die mehr Generationen überdauern als jedes schnelllebige Wegwerfprodukt.
Ein Frauenschwarm auf dem Fahrrad, eine Karrierefrau in Second-Hand-Klamotten, ein Detektiv mit Hochbeet, ein minimalistischer Elfenfürst oder ein vegetarischer Galaxiekrieger – unserer Fantasie ist keine Grenze gesetzt.
Lasst uns von einer Welt schreiben, in der von Klimaschutz nicht mehr nur gesprochen wird, sondern in der er bereits gelebt wird!
Ursi Breidenbach schreibt seit über zehn Jahren Romane und unterhaltende Sachbücher. Mit dem Buch Eine wahre Freundin ist wie ein BH (Penguin Verlag, gemeinsam geschrieben mit Heike Abidi) ist sie beinahe ein Jahr auf der SPIEGEL-Bestsellerliste.