Guten Tag Anne Shepley,
als ich mich heute durch die Nachrichten gescrollt habe, lese ich Überschriften zu schmelzenden Eisflächen in der Antarktis, gerodeten Flächen im brasilianischen Regenwald und zu Extremtermperaturen in amerikanischen Südwesten. Und während ich mit den Augen über die Worte fliege und ihre Bedeutung aufnehme, merke ich wie es sich in mir zusammen zieht, mein Brustkorb fühlt sich eng an, er drückt und ich bekomme feuchte Hände. Daher scrolle ich schnelltmöglich weiter. Um ein paar spannende Berichte über die Fußball-EM zu lesen – sollte gegen Portugal Kai Haverts spielen oder doch lieber Timo Werner und hat Antonio Rüdiger eigentlich Paul Pogba gebissen oder nicht. Doch danach kehre ich in Gedanken zurück zu den Überschriften, sie verfolgen mich weiter, knüpfen an so viele zuvor gelesene Artikel an, reihen sich ein in Gesamtbild, ein Schreckensszenarion des Klimwandels. Dieses Szenario macht mir Angst und ich habe das Gefühl nichts tun zu können. Und dann werde ich wütend, weil ich das nicht akzeptierne kann. Und frage mich, ob es anderen Menschen auch so geht. Wie geht es Ihnen damit? Sind sie beunruhigt, voller Angst, Panik und Wut?
Ich bin seit vielen Jahren überzeugt davon, dass die Partei der Grünen die ist die wir an wichtigen Entscheidungspositionen brauchen, dass Sie die einzige ist, die sich für das Klima einsetzt, das Thema das immer drängender wird. Und während Sie sich selbst als „Klimaschützerin“ beschreiben und damit die grüne Tradition fortsetzen, frage ich mich, was das genau heißt? Was wollen Sie unternehmen, was sind Ihre Visionen und Ideen für ein nachhaltiges Mecklenburg-Vorpommern, ein umweltbewusstes Deutschland, eine klimagerechtes Welt? Die Bundesgrünen sagen das 1,5-Grad-Ziel soll schnellstmöglich umgesetzt werden – aber ist das nicht eigentlich so etwas wie das absolute Mininum? Ist für eine Partei, die „konsequenten Klimaschutz“ als Leitlinie hat, nicht eigentlich zu wenig? Ich frage mich manchmal, ob in Ihnen, in den Grünen, genug Angst und Wut steckt, um die notwendigen Änderungen anzustoßen und durchzusetzen. Was denken Sie dazu?
Aktuell wirkt Ihre Selbsbeschreibung als Klimaschützerin für mich teilweise noch wie eine leere Worthülse. Ich bin gespannt darauf, ob und wie das Wahlprogramm für die Landtagswahl diese Worthülse füllen kann. Ich würde mir sehr wünschen, dass Sie es tut. Denn jeder politische Plan, jede Idee und Vision hilft gegen die Angst und die Panik die die Nachrichten auslösen.
Ich würde mich sehr freuen von Ihnen eine Antwort zu erhalten!
Mit besten Grüßem
Dr. Coco
Dieser Brief wurde bei den Klima-Write-ins der Writers for Future geschrieben und wird veröffentlicht. Ich würde mich über Ihre Zustimmung freuen, Ihre Antwort ebenfalls veröffentlichen zu dürfen.