Sehr geehrter Herr Ramelow,
ich schreibe Ihnen einen Brief über Klimagerechtigkeit.
Geschichten erzählen, das habe ich auf Ihrer Seite gelesen, Geschichtenerzähler, das ist das, was sie einmal werden möchten. Was Ihr Sohn Ihnen zutraute, als er klein war. Ich habe auch gesehen, dass Sie ein Tagebuch auf Ihrer Seite veröffentlichen. Ich finde das gut. Ich finde es gut, wenn Sie sich mit Menschen über Geschichten und Gedanken verbinden wollen.
Was ich nicht gut finde ist, dass diese Geschichten nicht von dem wohl Bedrohlichsten handeln, dem wir uns heute stellen müssen: Dem Klimawandel.
Ich finde im Entwurf des Wahlprogramms ihrer Partei Ansätze dazu. Ich finde nichts dazu auf Ihrer eigenen Webseite.
Was bedeutet für mich Klimagerechtigkeit? Es bedeutet, gegen den Klimawandel in gerechter Weise vorzugehen, weltweite Gerechtigkeit herzustellen. Dabei alle sozialen Ungerechtigkeiten mit zu denken, die häufig direkt mit dem Klimawandel in Verbindung stehen. Rassismus, mit dem Sie sich in Ihrem Buch „Schreddern, Spitzeln, Staatsversagen“ beschäftigen, ist untrennbar mit dem Klimawandel verwoben. Beides muss zusammen gedacht und überwunden werden. Genau wie Gender-Ungerechtigkeit, soziale Ungerechtigkeit.
Wenn Menschen fliehen müssen und an der Grenze zu Europa, hier an unseren Grenzen, im Mittelmeer ertrinken, das ist ein unhaltbarer brutaler Zustand, den wir nicht hinnehmen können. Die Gründe für die Flucht liegen allzuoft genau hier bei uns. Das brauche ich Ihnen vermutlich nicht zu sagen, das wissen Sie schon. Diese Gründe sind heute schon mit dem Klimawandel verbunden und das wird sich in Zukunft verstärken. Wir können eine solche Brutalität als Gesellschaft nicht zulassen. Das wirkt sich zurück aus, auf uns. Immer.
Wir müssen dafür sorgen, dass die Verbrennung von fossilen Energien auf Null zurück geht. Wir müssen das in einer gerechten Weise tun. Sie sind Politiker, Sie sind an einer exponierten Stelle. Sie können Vieles tun.
In dem Entwurf Ihres Wahlprogramms heißt es:
„Worum es uns geht: Krise bewältigen, Thüringen sozial und ökologisch voranbringen“.
Machen Sie sich persönlich dafür stark, dass das geschieht. Denn Gerechtigkeit, wofür Die Linke auch steht, so habe ich es verstanden, Gerechtigkeit ist nur möglich, wenn sie für alle gilt, jede und jeden einzelnen Menschen auf der Welt.
Setzen Sie sich dafür ein. Es kann gelingen.
Mit neuen Geschichten, neuen Narrativen von einer für alle Menschen gerechten Welt. Solche Geschichten können Sie erzählen. Das ist etwas, womit Sie für uns und ihren jetzt erwachsenen Sohn etwas wirklich Großes erreichen können.
Und dann: Die Geschichten in der Welt leben. Klimagerechtigkeit Wirklichkeit werden lassen.
Was wollen Sie jetzt dafür tun?
Ich freue mich über eine Antwort von Ihnen.
Mit freundlichen Grüßen
H.
Dieser Brief wurde bei den Klima-Write-ins der Writers for Future geschrieben und wird auf der Homepage veröffentlicht. Ich würde mich über Ihre Zustimmung freuen, Ihre Antwort ebenfalls veröffentlichen zu dürfen.