Sehr geehrter Herr Maier,
zu allererst: Ich habe große Hochachtung vor Ihnen und Ihrem Mut, als Politiker etwas zum Guten bewegen zu wollen.
Heute schreibe ich Ihnen zwar nicht als Bürgerin von Thüringen, aber als Person, die zur selben Zeit mit Ihnen dieselbe Erde bewohnt, und die sich wie Sie wünscht, dass diese auch für unsere Kinder bewohnbar bleibt.
Mein Sohn wird nicht einmal so alt sein wie ich jetzt, wenn unser jetziger Wohnort allen Voraussagen nach überflutet wird – und Ihre jüngste Tochter ist noch mal um Einiges jünger. Wir nähern uns so verflucht schnell den globalen Klimakipppunkten, dass keine Zeit mehr für Zaudern und Abwägen bleibt.
Und wenn die Corona-Pandemie eins gezeigt hat, dann, dass es geht. Vieles ist sehr schnell umsetzbar, wenn Menschen entschlossen handeln.
In Ihrem Wahlprogramm vermisse ich diese Dringlichkeit, obwohl Sie persönlich betonen, ein großer Freund der Natur zu sein. Diese Natur aber wird bald unumkehrbar verändert sein, wenn wir jetzt nichts tun – und unsere Kinder werden sie vielleicht nur noch als zu heiße, zu nasse, zu unfruchtbare Bedrohung erleben.
Ich habe Nachhaltigkeitsjournalismus studiert. Jedes Mal vor einem Präsenzwochenende war ich voller Vorfreude – und jedes Mal nach einem Präsenzwochenende unfassbar desillusioniert. Denn egal, um welchen Schwerpunkt es ging – sei es Artenvielfalt, Klimawandel, Rohstoffknappheit, globale Ressourcenverteilung – alles schien fast aussichtslos.
Aber ich möchte das nicht glauben.
Ich möchte glauben, dass Menschen wie Sie, die den Mumm haben, Verantwortung zu übernehmen, das auch für unsere Erde tun werden. Denn noch haben wir ein winziges Zeitfenster zum Handeln.Wir müssen das nur tun. Denn ganz egal, was kommt: Am Ende bedeutet »kein Planet« eben auch »keine Arbeitsplätze«, »keine Digitalisierung« und »keine Wähler«. Und keine lebenswerte Welt für unsere Kinder.
Bitte tun Sie alles, was in Ihrer Macht steht, um sich für die Umsetzung der Klimagerechtigkeit einzusetzen. Fördern Sie in Thüringen erneuerbare Energien, fördern Sie nachhaltige Wirtschaft und damit soziale Gerechtigkeit. Machen wir die kommende Bundestagswahl zur Klimawahl.
Ich zähle auf Sie.
Herzlichen Gruß
Julia Dibbern
Dieser Brief wurde bei den Klima-Write-ins der Writers for Future geschrieben und wird auf der Homepage veröffentlicht. Ich würde mich über Ihre Zustimmung freuen, Ihre Antwort ebenfalls veröffentlichen zu dürfen.