Sehr geehrter Herr Wegner,
ich muss gestehen, heute habe ich Schwierigkeiten, mit dem Brief anzufangen. Ich möchte Ihnen einen Brief über Klimagerechtigkeit schreiben. Möchte Sie mit meinen Worten erreichen. Und habe die größten Bedenken. Bedenken, ob ich das kann. Denn sehr verschieden sind unsere Sichtweisen auf die Welt. Sehr unterschiedlich haben wir uns entwickelt, obwohl fast gleich alt, galt mit 16, als Sie in die Junge Union eintraten, mein Interesse einer ganz anderen Politik. Die Angst vor dem Atomkrieg. Erinnern Sie sich? Wie erschreckend es damals war. Die Ostermärsche waren für mich wichtig. Die Friedens- und Frauenbewegung. Die Junge Union war für mich eher Feindbild als alles andere.
Trotzdem schreibe ich Ihnen heute. Denn ich weiß, in der Klimakrise sitzen wir alle zusammen. Alle auf dem Globus. Es wird uns alle treffen, und wir müssen alle zusammen die Katastrophe abwenden. Denn noch ist das möglich! Wir können es schaffen, wenn alle beherzt und zügig, rasch und mit großer Energie JETZT beginnen, die wichtigen Hebel zu bedienen. Wir brauchen einen Co2-Ausstoß auf Null gebracht, rasch, nicht erst im Jahr 2045, wie es in Ihrem Parteiprogramm steht. Diese Zeit haben wir nicht. Es muss sofort und sehr Vieles geschehen.
Wie können Sie das umsetzen? Wie könnten Sie, als hartgesottener CDU-Politiker, dieses Anliegen verkörpern? Denn das Anliegen ist klar: Es ist die Erhaltung der Schöpfung, genau so, wie es in ihrem Wahlprogramm steht. Aber ich finde dort nicht die durchgreifenden Maßnahmen, die wir benötigen. Sie aber könnten Vieles tun. Man stelle sich das vor: Ein CDUler, der wirklich etwas Neues wagt, dem es gelingt, die Klimakrise mit der hohen Brisanz und Wichtigkeit, allerhöchsten Priorität zu behandeln, die sie haben muss. So, wie es damals Ronald Reagan gelungen ist, abzurüsten, einem Mann, von dem man es nicht erwartet hätte. So könnten Sie es sein, der Klimagerechtigkeit beginnt umzusetzen. Das wäre für mich ein absoluter Hammer. Ein CDU Politiker, der Ernst macht, der wirklich die Schöpfung bewahren will, und zwar mit all seiner Energie, mit all seiner Kraft, mit seiner Liebe zu den Menschen, den Tieren, der Welt.
Denn diese Welt, sie ist so hervorragend schön. Das Leben auf ihr ist so kostbar. Wir alle darin ein Wunder. Sie und ich – zwei ganz Verschiedene, große Wunder.
Versuchen Sie es. Versuchen Sie, wie ich heute, über Ihren Schatten zu springen. Klimagerechtigkeit wirklich zur obersten Priorität zu machen, etwas, das bei allen Entscheidungen, immer, als oberstes Ziel befragt wird. Das Verfassungsgerichtsurteil sagt es ganz klar. Und Sie wissen es, wie ich es weiß: Wir müssen das jetzt angehen. Um des Lebens willen.
Über eine Antwort von Ihnen würde ich mich freuen.
Mit freundlichen Grüßen
H.
Dieser Brief wurde bei den Klima-Write-ins der Writers for Future geschrieben und wird auf der Homepage veröffentlicht. Ich würde mich über Ihre Zustimmung freuen, Ihre Antwort ebenfalls veröffentlichen zu dürfen.