Münster, NRW, 02. September 2021
Liebe Frau Siegesmund,
ich muß gestehen, Ihren Namen kenne ich erst seit drei Wochen.
Denn vor drei Wochen habe ich die Aufgabe übernommen, ein kleines Porträt von Ihnen zu erstellen, um Sie in unserer Runde vorzustellen.
Was ist Ihre Runde? werden Sie fragen.
Wir, das sind Menschen, die sich jeden Donnerstag bei writers4future treffen, um einer Spitzenkandidat*in wie Ihnen einen Brief zur Klimagerechtigkeit zu schreiben.
Warum haben wir Sie ausgewählt? werden Sie fragen.
Sie sind doch ohnehin schon seit fast 20 Jahren bei den Grünen. Sie wissen, um was es geht, setzen sich für E-Mobilität, sauberes Trinkwasser und Artenschutz ein, benennen die negativen Folgen der intensiven Tierhaltung und kämpften um Thüringens Buchenwälder.
Während Ihrer Zeit im Stadtrat für Jena wurde der Klimanotstand ausgerufen – Jena war damit Vorreiterin in Thüringen!
Als Mitglied des Bundesrates haben Sie sich mit Fracking und Glyphosat auseinandergesetzt, Sie waren Delegierte bei UN-Klimakonferenzen.
Als erste Frau wurden Sie Umweltministerin in Thüringen und Ihr Haus erarbeitete ein Klimagesetz, in dem eine Reduktion der Treibhausgase bis 2050 um bis zu 95 Prozent festgelegt wurde.
Sicher sind Sie stolz auf diese Erfolge. Und ich finde, Sie können auch stolz darauf sein, sicher war es oft sehr anstrengend und mühsam, diese Ziele zu erreichen.
Nun steht die Bundestagswahl 2021 vor der Tür. Zwar sieht es derzeit nicht so aus, als könnte zum ersten Mal eine Grüne Bundeskanzlerin werden. Immerhin wird Ihre Partei voraussichtlich eine wichtige Rolle in der neuen Regierung spielen können. Doch die Grünen werden Koalitionspartner brauchen. Sie werden verhandeln müssen.
Irgendjemand hat mal gesagt: Das Klima verhandelt nicht!
Und darum geht es, darum schreibe ich Ihnen heute.
Denn dies ist nicht nur irgendeine Bundestagswahl. Dies ist eine Klimawahl, ob unsere Parteien es wollen oder nicht.
Diesmal wird die letzte Bundesregierung gewählt, die noch dafür sorgen kann, daß Deutschland das Pariser Klimaschutzabkommens einhält. Wobei Deutschland schon bei 1,6 ° angelangt ist, was nur zeigt, wie ernst die Lage ist.
Sie haben im Klimaschutzgesetz von Thüringen eine schrittweise Reduktion der Treibhausgase festgelegt. Die Klimaforscher sagen, die ersten Schritte müßten die größten sein, damit wir die Klimakipp-Punkte nicht überschreiten. Welches werden Ihre ersten Schritte sein?
Sie schreiben Ökonomie und Ökologie schließen sich nicht aus. Ich fürchte, E-Autos und wirtschaftlichen Aufschwung durch Wasserstoff-Technologien werden nicht reichen.
Auf Ihrer Webseite lese ich, „die Klimakrise hat dramatische Folgen – nicht nur am anderen Ende der Welt „ – und genau darum geht es bei Klimagerechtigkeit! Durch unseren Verbrauch, durch das Wirtschaftswachstum der Länder des globalen Nordens sind die Menschen des globalen Südens gezwungen, zu fliehen.
Sie schreiben „wir müssen umsteuern“ – ja genau! Und zwar ganz grundlegend.
Und ich möchte Ihnen Mut machen! Viel mehr Menschen sind dabei. Auch wenn immer wieder das Schreckgespenst der „Verbotspartei“ an die Wand gemalt wird: Viele Menschen wissen, daß ein Weiter-so nicht möglich ist.
Jedenfalls nicht, wenn wir wollen, daß unsere Enkel noch auf Bäume klettern, Salat im Garten ernten oder ihre Füße in einen kühlen Gebirgsbach abkühlen können.
Nicht, wenn wir und unsere Kinder in Frieden leben wollen.
Darum geht es bei dieser Wahl. Um nichts weniger als um Klimagerechtigkeit!
Ich und wir alle zählen auf Politikerinnen wie Sie, Frau Siegesmund, die wissen, wie Sie nicht nur Wahlversprechen geben, sondern reale Veränderungen bewirken!
Mit dieser Hoffnung verbleibe ich
Ihre Lotta Reinert