Liebe Bettina,
ich schreibe dir einen Brief über Klimagerechtigkeit. Was verbinde ich damit?
Wenn ich an Klimagerechtigkeit denke, wenn ich einen Ort dafür auswählen möchte, dann fällt mir als allererstes das Tempelhofer Feld ein. Wie herrlich, sich auf dieses Feld zu begeben. Diese Weite zu spüren. Mitten in der Stadt! Die Atmosphäre dort ist freundlich, die Menschen sind entspannt. Sobald ich den Fuß auf das Feld setzte spüre ich es. Ich wüsste nicht, dass es Vandalismus gegeben hätte auf diesem Feld, die freien Gartenanlagen sind intakt. Das ist wirklich Berliner Luft, die frei macht. Frisch ist sie, diese Luft. Und sie fühlt sich nach zusammengehören an. Es ist, wie eine eigene, irgendwie bessere Welt. Abgegrenzt, aber groß. Mit diesem erstaunlichen Gebäude, riesenhaft, das von den Nazis erbaut wurde. Schlimmste Geschichte trifft hier auf größte Freiheit. Und: Wir haben diese Abstimmung gemacht, in Berlin, und wir wollten dieses Feld behalten. Wie schön das ist!
Und: Es gibt die Initiative Transformationszentrum Haus und Feld, für die ich mich seit einiger Zeit interessiere. Sie wollen ein Transformationszentrum auf diesem Feld errichten, in Teilen des Flughafengebäudes, und aus Teilen des Feldes. Ein Zentrum für die Zukunft. Für klimataugliche Berufe, Reparatur, Suffizienz, grüne Architektur, Wissenschaft, Kultur, Kunst! Was braucht es, damit wir diese Krise abwenden können, oder mildern, damit wir gut leben können, damit wir es überall können, auf der Welt, nicht nur hier. Gerechtigkeit geht nur für alle. Es gibt keine Gerechtigkeit der Wenigen. Denn dann wäre sie es nicht – gerecht.
Klimagerechtigkeit fühlt sich frisch an, sie fühlt sich an nach: Es ist genug da. Nicht: Es muss immer mehr sein und mehr. Sondern: Wir haben für alle genug, schaut, wir können teilen. Nach Besinnung: Worauf kommt es wirklich an? Auf die Liebe. Auf die Freundschaft. Auf das Zusammensein mit anderen. Darauf, dass es ALLEN gut geht, nicht nur den wenigen. Auf Kunst und Kultur. Eine Stadt, ohne Autoverkehr. Was das für ein durchatmen ist! Wie leise das ist. Ich kann die Vögel hören und das Rascheln der kleinen Maus unter der Bank. Fahrrad wird gefahren. Wie viel Platz wir haben, wenn es keine Autos gibt. Nicht nur die Fahrbahn, auch das Parken, die Verkehrsschilder und Ampelanlagen. All das nimmt so viel Raum ein.
Kennst du den Künstler Jan Kamensky? Er hat das atemberaubend dargestellt, geh mal auf diesen Link: https://vimeo.com/jankamensky. Da gibt es auch ein Video über Berlin, Skalitzer Straße. Es ist einfach fantastisch. Er macht die Utopie einer autofreien Stadt erfahrbar.
Ich hoffe, wir teilen diese Vision. Ich hoffe, wir bekommen eine neue Stadt. Eine, die gerecht ist, klimagerecht.
Was wirst du dafür tun, Bettina?
Ich würde mich freuen, wenn du mir das schreiben würdest.
Mit freundlichen Grüßen
H.
Dieser Brief wurde bei den Klima-Write-ins der Writers for Future geschrieben und wird auf der Homepage veröffentlicht. Ich würde mich über Ihre Zustimmung freuen, Ihre Antwort ebenfalls veröffentlichen zu dürfen.