Sehr geehrte Frau Schwesig,
ich freue mich darauf, dass die Mehrheit der Autos bald elektrisch sein wird. Am liebsten würde ich eine Tüte voll Strassenluft einpacken und sie bei einer Gelegenheit in der Zukunft Kindern zum riechen geben: „So hat es dazumal gerochen…“ und sie werden staunen, dass wir das alles so selbstverständlich hingenommen hatten als ich noch jung war. Dazu spiele ich eine Tonaufnahme des Strassenlärms ab. Auch da staunen die Kinder, wie laut es war.
Ich habe gestern meinen Herd gefilmt. Diesen Film werde ich ihnen auch zeigen. Ich kochte mit Gas. Auch da werden sie staunen. Sie werden nämlich mit Sicherheit nicht mit einer Wasserstoff-Flamme kochen, weil Wasserstoff dreimal teurer ist als Strom, mit der Gas-Infrastruktur der Endverteilung zu den Häusern eh inkompatibel ist, und es eh andere, billigere Alternativen gibt: Elektroherde mit erneuerbarem Strom.
Diesen Herbst, während der Wahlen, filme ich wie ich meine Gasheizung für den Winter zum Erstgen Mal in Betrieb nehme. Auch da werden die Kinder staunen. Sie sind es gewohnt, dass entweder mit Wärmepumpen oder von Fernwärmenetzen geheizt wird. Mit Wasserstoff zu heizen wäre ebenso viel teurer.
Mit diesen Filmen möchte ich eine Brücke zu den Kindern schlagen. Eine Bücke in ihre nahe Vergangenheit. Wie schwer aber auch aufregend es war, von fossilen Energien wegzukommen.
Falls das bis dann geschafft sein wird, werde ich ihnen vom Gas nicht als Brückentechnologie erzählen können. Falls Gas wirklich als Brückentechnologie Einsatz findet, bremst sie und wir werden die Energiewende in dieser Zeit nicht schaffen.
Gas ist keine Brückentechnologie, sondern eine Bremse. Die Kinder werden in ihren Schulbüchern Bilder von Politikerinnen wie sie sehen, die versucht haben, altmodische Infrastruktur ins Land zu setzen, und das noch unter dem Namen einer Klima und Umwelt-Stiftung. Das wird ihnen komisch vorkommen.
Möchten Sie, Frau Schwesig, in diesem Zusammenhang in zukünftigen Schulbüchern stehen?
Mit freundlichen Grüßen!
P.S Dieser Brief wurde bei den Klima-Write-ins der Writers for Future geschrieben.
Der Briefwechsel wird öffentlich geführt.